Die Zeit des Advents wird oft als die Zeit des (Er-)Wartens bezeichnet. Eine Zeit, in der etwas Geschwindigkeit aus dem Alltag genommen wird und man sich innerlich auf das Weihnachtsfest vorbereiten kann. Eine Zeit, in der ich warte, um mich meiner Hoffnungen und Sehnsüchte zu vergewissern.
Wenn ich unter diesem Blickwinkel auf dieses Jahr zurückschaue, stelle ich fest, dass es eigentlich für mich und meine Familie ein ganzes Jahr Advent war und sich unzählige adventliche Momente finden - leider ausgelöst durch die Pandemiesituation, aber deswegen nicht weniger wertvoll.
Gleich im Frühjahr haben wir mit unserem Sohn erlebt, was es heißt, zu warten. Zu warten und weiter zu warten bis das lang ersehnte Fest der Erstkommunion gefeiert werden konnte. Nach spannenden, intensiven Vorbereitungen, Gruppenstunden und Weggottesdiensten kam plötzlich die Absage des Gottesdienstes und der Feiern und die Zeit des Wartens begann. Und so erging es vielen Familien. Die geplanten und vorbereiteten Dinge waren auf einmal unmöglich geworden.
Diese Situation haben wir in unserem Arbeitsteam der Familienseelsorge aufgegriffen. Auch dort waren mehrere Familien in der gleichen Situation. Es entstand die Idee, die vielen erwartungsvollen Kinder auf eine Art und Weise zusammenzuführen, so dass sie spüren können: „Wir sind eine große Gemeinschaft. Es gibt viele, die auch warten und denen es auch so geht, wie mir“. Wir haben dazu alle Erstkommunionkinder des Bistums eingeladen, ein Foto ihrer Hand zu uns zu schicken. Daraus wurde ein großes Plakat gestaltet. Mehr als 600 Händefotos haben uns erreicht. Dieses Plakat wanderte anschließend durchs Bistum und stand in verschiedenen Pfarreien. Es erinnerte alle an die vielen Kommunionkinder und verband sie untereinander. In einigen Pfarreien fand das Plakat einen Platz direkt im verschobenen Erstkommuniongottesdienst.
Als es dann in unserer Stadtpfarrkirche stand, haben wir uns gemeinsam als Familie auf den Weg gemacht. Es war berührend zu sehen, wie unser Sohn begann, seine eigene Hand im großen Bild der Hände zu suchen. Es waren viele Familien zu sehen, die sich ebenfalls auf den Weg zur Kirche machten.
Diese Aktion hat für mich dazu beigetragen, meine Haltung zum Warten zu verändern. Von ungeduldigem, enttäuschtem Warten zu hoffnungsvollem Warten, das in ein miteinander Warten und sich gemeinsam durch die Zeit tragen überging.
Es gibt immer noch Momente, in denen ich ungerne warte, aber Manches braucht eben seine Zeit. Oft hilft das Warten, auch wenn man es nur im Rückblick deuten und verstehen kann.
Ich wünsche Ihnen von Herzen, dass Sie solche wertvollen Adventsmomente wahrnehmen und die Zeit des Wartens als etwas Kostbares und Geschenktes erleben dürfen.
Bistum Augsburg
Christian Öxler
Stv. Leiter der Hauptabteilung II – Seelsorge und Leiter der Abteilung „Seelsorge in den Generationen“