„Briefmarken kaufen, ein Buch abholen, und…?“ In Gedanken gehe ich immer und immer wieder durch, was ich erledigen will. Hätte ich es mir doch bloß aufgeschrieben. Es fällt mir einfach nicht mehr ein. Zu viele Dinge im Kopf! Ich betrete den Buchladen, da fällt mir sofort eine Postkarte ins Auge – Bleib xund! Falsch geschrieben. So ein Schmarrn! Muss man sprachlich immer sowas machen, bis am Ende niemand mehr weiß, was damit gemeint ist? Gleich daneben die Merry-X-mas-Karte. Kein Wunder, dass etliche Menschen gar nicht mehr wissen, was wir feiern, wenn wir die Worte so entstellen.
Wenig später stehe ich in der langen Schlange vor der Kasse. Zeit, nochmal in Ruhe über diesen Buchstaben X nachzudenken, der in unserer Sprache nur in so wenigen Worten vorkommt. Dabei hat es gerade dieser Buchstabe in sich. Achtung, Besserwisseralarm: das X im Wort X-mas steht ja eigentlich für den griechischen Buchstaben Chi, einer alten Abkürzung für den Namen Christus. X-mas steht von der Wortbedeutung also eigentlich viel mehr für das, was wir feiern als es das Wort Weihnachten tut. Ich beginne mit einem Mal, das X sympathisch zu finden.
Mit seinen beiden überkreuzten Balken erinnert es mich an die vielen Dinge, die in diesem Jahr im Leben der Menschen durchkreuzt worden sind. Ausgefallene Hochzeiten, Existenzen am Abgrund oder auch der zu frühe Tod eines Menschen haben ein harmonisches 2020 durchkreuzt. X-Mas zeigt mir in diesem Moment – Gott durchkreuzt mit seiner Menschwerdung all diese Dunkelheiten. Er nimmt sie nicht weg. Doch er nimmt ihnen die Ausweglosigkeit. Es geht weiter! Das ist doch die wichtigste Botschaft in diesen Tagen, die den ganzen Untergangspropheten und Unmutmachern in die Quere kommt.
Es steht noch eine Person vor mir in der Schlange, da fällt mir wieder ein, was ich kaufen wollte – Weihnachtskarten. Ich drehe um und gehe zum Ständer. Bleib xund! Das ist mein schlichter Wunsch in diesen Tagen. Dass Gott allen Menschen Gesundheit schenkt, körperlich und vor allem für die Seele. Damit wir bei allen durchkreuzten Lebenswegen das manchmal mühsame Buchstabieren der Hoffnung nicht verlernen.
Gott, lehre mich das Alphabet der Hoffnung,
damit ich anderen Menschen nicht ein X für ein U vormache
und ihnen so das Vertrauen nehme.
Gott, lehre mich das Alphabet der Hoffnung,
damit ich mir die Dinge nicht zurechtlege,
sondern mich der Wahrheit stellen kann.
Gott, lehre mich das Alphabet der Hoffnung,
damit ich nicht nur warme Worte finde,
sondern Worte, die wirklich die Seelen wärmen.
Gott, lehre mich das Alphabet der Hoffnung,
in dem ich kein x-beliebiger Mensch für dich bin,
sondern einen festen Platz habe.
Gott, lehre mich das Alphabet der Hoffnung,
das selbst im Tod Worte des Lebens findet
und mich niemals sprachlos bleiben lässt.
Erzbistum Bamberg
Markus Schürrer
Leitender Pfarrer des Kath. Seelsorgebereichs Main-Itz