Ich fahre täglich mit dem Fahrrad zur Arbeit. Auf meinem Heimweg ist eine Zählsäule angebracht, die den Fahrradverkehr registriert. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich beim Vorbeifahren die Zahl durch eine Nummer erhöhe, denn es geht schließlich darum, Argumente zu sammeln, um unsere Stadt noch fahrradfreundlicher zu machen.
Im Sommer bin ich nach der Arbeit meistens die Nummer 763 oder bei Regen auch mal nur die Nummer 621, sowas in der Art eben.
Es war an einem Sommerabend, als ich von einer Party nach Hause radelte. Ich fuhr wie immer an der Zählsäule vorbei, gespannt auf die hohe Zahl, die ich dieses Mal erreichen würde.
Aber dann kam der Moment des Erstaunens: Auf dem Display erschien eine kleine, unschuldige Nummer 1. Ich war zunächst total irritiert. Dann fing ich an, zu begreifen: Es war nach 12.00 Uhr nachts, ich war nicht die Letzte, ich war die Erste, die Nummer 1 des Tages. Eigentlich absolut logisch, aber für mich war das ein besonderer Moment, ein Adventsmoment!
Die erste Fahrradfahrerin an diesem Sonntagmorgen. Das war so ein Gefühl wie am Morgen der Schöpfung: Alles ist neu, alles noch ungesagt, unverdorben, frisch.
Das Bibelwort „Die Letzten werden die Ersten sein“ passte auch irgendwie ganz gut. Ja, ich hatte das Gefühl, ich könnte ganz Vieles neu beginnen, ganz vieles anders machen. Es war mitten im Sommer. Aber es war wie Advent: Ankunft des neuen Tages.
Eva Meder-Thünemann
Gemeindereferentin für Citypastoral in Aschaffenburg