Vor Kurzem sind wir umgezogen. Die neue Wohnung liegt direkt über einem italienischen Obst-und
Gemüsegeschäft. Mein Mann und ich haben uns darüber gefreut: Jederzeit kann man sich einfach so
eine Orange, einen Apfel holen, man muss nur eine Treppe runtergehen.
Als ich vor ein paar Tagen Lust auf Weintrauben hatte, bin ich schnell mal nach unten gegangen. Ich
habe mir nur eine kleine Menge ausgesucht - schließlich kann ich ja jederzeit ohne großen Aufwand
Nachschub holen.
„Ciau Bella“ grüßt mich der Händler freundlich, verpackt mir meine kleine Portion und sagt dazu:
„Das kostet nichts, du bist Nachbarin!“
Ich habe mich gefreut und auch sofort ein bisschen beschämt gefühlt. Vermutlich verdiene ich viel
mehr als dieser junge Mann. Ich könnte die Trauben selbstverständlich bezahlen.
Aber er will mir mit dieser Geste zeigen, dass er sich freut, dass wir im gleichen Haus wohnen. Dass er
mich kennt. Dass er mich respektiert.
Das tut er übrigens auch sonst, wenn ich morgens aus dem Haus komme. Egal, was er gerade tut, er
ruft : „Ciau, bella donna“ und winkt mir zu. Und wenn ich abends zurückkomme, dann ruft er wieder.
Ich werde gesehen, gegrüßt, ich bin „Bella donna“, auch wenn ich müde und kaputt mit meinem
Fahrrad um die Ecke biege. Ich wohne noch nicht lange da, aber es fühlt sich an, wie nach Hause
kommen. Sehr sogar. Und das bedeutet für mich Advent: Wärme, Nähe, Heimat.
Bistum Würzburg
Eva Meder-Thünemann
Gemeindereferentin in der Citypastoral in Aschaffenburg